Teilzeitarbeit, so konnte man ja kürzlich in einem Tages-Anzeiger-Interview mit einem deutschen Soziologen lesen, mache Väter unglücklich. Je mehr Stunden sie pro Woche mit ihrer Arbeit verbringen, desto glücklicher werden sie. Mütter hingegen, so die Studie, seien unabhängig von ihrem Arbeitspensum konstant relativ glücklich. Die Folgerung des Soziologen: «Man sollte Männer nicht gegen ihren Willen aus der Erwerbsarbeit hinaus- und in die Familienarbeit hineindrängen, ausser man ist bereit, eine Verringerung ihrer Lebenszufriedenheit in Kauf zu nehmen.»
Nun, ich sage Ihnen: Meine Lebenszufriedenheit ist beim Lesen dieses Interviews rapide gesunken. Um die Lebenszufriedenheitsskala des Soziologen zu bemühen: Von 0 bis 10 Punkten, wenn 10 Punkte supersuper lebenszufrieden heisst, bin ich mit solchen Aussagen 0 lebenszufrieden; so als Mensch, Frau und Mutter eines nun sechzehn Wochen alten Kindes. Ich weiss, empirische Forschung hat die Aufgabe, uns die Realität aufzuzeigen und nicht eine Wunschvorstellung derselbigen. Aber erstens wage ich die Validität solcher Studien zu bezweifeln, und zweitens sage ich: Mir stinkts!
Mich macht Teilzeitarbeit auch nicht glücklich!
Mir stinkts, weil Frauen ständig gegen ihren Willen aus der Erwerbsarbeit hinaus- und in die Familienarbeit hineingedrängt werden und weil man die Verringerung ihrer Lebenszufriedenheit seit Jahrzehnten in Kauf nimmt.
Mir stinkts, weil mich die extensive Beschäftigung mit dem Kind ohne entsprechenden geistigen Ausgleich auch nicht erfüllt und weil ich es eine Frechheit finde, suggeriert zu bekommen, meine Lebenszufriedenheit bliebe von meinen Lebens- und Arbeitsumständen relativ unberührt.
Mir stinkts, weil auch ich mehr vom Leben möchte als Tage, an denen ich zwar die ganze Zeit furchtbar beschäftigt bin und am Abend, wenns schlechtläuft, trotzdem nicht mehr herzuzeigen habe als ein schreiendes Kind, eine verwilderte Wohnung und ein ebenso verwildertes Antlitz.
Mir stinkts, weil mich Teilzeitarbeit auch nicht glücklich macht! Wenn ich in wenigen Stunden in einem Affentempo eine affige Menge an Arbeit zu erledigen habe, die ich, würde ich an mehr Tagen arbeiten, auf mehr Zeit verteilen könnte, macht mich das auch unzufrieden. Dann geht es mir vielleicht wie meiner Freundin, die an den arbeitsfreien Tagen ihrer Teilzeitstelle auf die Abwesenheitsmeldung bei den Mails verzichtet, da man sie ja sonst als Teilzeitarbeitende entlarven und ihr in der Folge weniger zutrauen könnte. So gibt sie sich grosse Mühe, 60% zu arbeiten und 100% verfügbar zu sein, um, trotz Kindern, 100% ernst genommen zu werden.
Haus- und Erziehungsarbeit als notwendiges Übel?
Mir stinkts, dass die Diskussion um obige Studie die angebliche Lebensunzufriedenheit der Männer an Pensumsreduktion und Unliebsamkeit der Kindererziehung festmacht, statt den gesellschaftlichen Stellenwert von Haus- und Erziehungs- sowie Erwerbsarbeit kritisch zu hinterfragen: Wenn Erstere nach wie vor als notwendiges Übel abgetan werden, wundert es nicht, dass es Männern und Vätern schwerfällt, darin ihre Rollen zu finden und sie neu zu definieren – und Frauen und Müttern genauso.
Denn dieser Schritt ist für Individuen und Paare mit viel Arbeit verbunden, für welche nebst der neuen Kinderrealität und der Erwerbsarbeit schlicht keine Zeit bleibt. Müssig zu erwähnen, dass ein sinnvoller Vaterschaftsurlaub den Start in diesen Prozess längst ebnen müsste.
Bis wir endlich so weit sind, stinkt es mir noch ein bisschen. Ganz unabhängig von meinen wöchentlichen Arbeitsstunden.
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