Bei der Süssigkeitserziehung können Eltern fast nur verlieren. Erlauben Stückelbergers ihrem Maximilian-Jason den freien Zugang zum Süssigkeitenmarkt, stopft er sich den Kopf voll, bis die Zähne abfaulen und das Nervensystem eskaliert. Nicht viel besser sieht es bei Höslis aus. Sie haben Shakiras Süssigkeiten-Selbstbestimmung eingeschränkt und damit ein goldenes Kalb aus Schoggi geschaffen. Shakira kann jetzt nur noch an Süsses denken. Den ganzen Tag schlurft sie umher und ruft nach Zucker – wie ein Zombie nach Hirn.
Allgemeine Rezepte funktionieren nicht, denn die richtige Strategie hängt vom Kind ab. Mag Ihres gar keinen Zucker, haben Sie Glück. Nun. Wir haben kein Glück: Der Brecht liebt Süssigkeiten. Vielleicht, weil wir sie ihm in den ersten beiden Jahren vorenthalten haben. Vielleicht auch, weil Grosi ihn härter angefixt hat, als es sich der skrupelloseste Pausenplatzdealer je erlauben würde.
Systemwechsel bei der Süssigkeitenabgabe
Der Brecht verlangt also regelmässig nach Gezuckertem. Ich bin zurückhaltend, vertrete aber eine liberale Drogenpolitik. Die kontrollierte Abgabe ist besser als Beschaffungskriminalität oder ein Kind im kalten Entzug. Das Problem: Der Brecht drückt sich ein Stück Schoggi ins Gesicht und will kurz darauf mehr. Wir hatten die Situation im Griff – ganz klassisch mit Regeln. Doch so richtig glücklich war niemand mit unserem Zuckerregime. Der Brecht fand es zu restriktiv, wir zu grosszügig.
Meine deutlich intelligentere Frau schlug dann einen Systemwechsel vor, der so naheliegend wie genial ist. Der Brecht sollte jeweils am Montag eine kleine Schüssel mit Süssigkeiten erhalten, die er sich für den Rest der Woche einteilen muss.
Runde 1: Der Brecht ass alles sofort. Ich dachte, das Experiment sei gescheitert. Doch er bettelte die ganze Woche kein einziges Mal nach weiteren Süssigkeiten. Am Donnerstag schaute er mir gelassen zu, wie ich genussvoll ein Snickers verputzte.
Runde 2: Der Brecht teilte tatsächlich ein. Er ass so wenig, dass die Schüssel am nächsten Montag noch halb voll war. Nach wenigen Wochen hat er sich inzwischen ein stattliches Zuckervermögen angespart.
Ich weine fast vor Freude. Nicht nur, weil ich seinen Vorrat beneide. Nein, noch nie war eine Erziehungsmassnahme bei uns so erfolgreich. Darauf ein grosses Stück Torte!
Auf zu neuen Herausforderungen
Aber Eltern ruhen nie. Ein Problem gelöst, heisst das nächste in Angriff genommen. Wir gehen also direkt zum Geld über. Klar, für ein vierjähriges Kind ist echtes Geld noch schwierig einzusetzen, aber dafür gibt es ja Spiele:
Runde 1: Der Brecht verliert sich im Klein-Klein. Kauft Grundstücke aller Farben und verscheuert sie zu Dumpingpreisen an Mutti. Ohne wirkliche Finanzstrategie fehlt ihm das Geld, um Häuser und Hotels zu bauen. Meine hohen Mieten an der Spitalgasse treiben ihn schliesslich in die Insolvenz.
Runde 2: Der Brecht kalkuliert eiskalt, lässt sich auf keinen Kuhhandel ein. Früh sichert er sich sowohl den Paradeplatz als auch den Lausanner Place Saint-François und zieht sofort Bauten hoch. Hinzu kommt ein kleines Bahn-Imperium. Meine Frau und ich kämpfen noch um die Vorherrschaft an schlechten Lagen und die Versorgungswerke, als uns das Würfelpech mehrmals auf Brechts Nobelpflaster zwingt. Wir haben keine Chance.
Mit Taschengeld warten wir noch ein paar Jahre. Bis dahin können meine Frau und ich hoffentlich besser mit Geld umgehen. Beim Brecht mache ich mir da keine Sorgen.
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