Mein weiches Herz: Gleichzeitig die beste und schlechteste meiner Eigenschaften. Wenn einer meiner dreijährigen Zwillingsbuben einen Wunsch hat, erfülle ich ihn. Nicht sofort zwar, aber spätestens nachdem ich dreimal «Nein» gesagt habe und die beiden immer noch finden, sie müssten diesen quietschenden Flugsaurier für einen Fünfliber jetzt un-be-dingt (!!!) haben, ändere ich meine Meinung dann doch und gebe nach. Gut für die Jungs, schlecht für mein Gewissen. Zumindest ein bisschen, denn eigentlich bin ich gerne ein lieber Papi.
Doch damit ist jetzt Schluss! Kurz nach dem dritten Geburtstag meiner Söhne ward ich plötzlich Teilzeit-Arbeitender und hatte auf einmal so etwas wie ein Verantwortungsgefühl, das über die steinzeitliche Rolle des Ein-paar-Tausender-Heimbringers hinausgeht. Zum guten Glück, muss ich anfügen. Denn bis sich dieser Wunsch endlich erfüllte, war es ein langer weiter Weg.
Der steinige Weg zum Papitag
Seit der Geburt von Bastian und Felix wollte ich mein Vollzeitpensum reduzieren, um wenigstens einen Tag in der Woche mit ihnen verbringen zu können. Noch bevor meine Frau nach der Entbindung das Spital verliess, bat ich darum, weniger arbeiten zu dürfen. Doch meinen Chefs fiel im Halbjahresrhythmus immer eine neue Begründung ein, weshalb dies jetzt nicht möglich sei. Mal hatte ich die Verantwortung für ein Team übernommen, mal die Leitung eines grösseren Projektlis. Eine Pensenreduktion sei drum ein schlechtes Signal an die Mitarbeitenden, hiess es immer wieder.
Ich akzeptierte, statt mich zu wehren. Kam mir hier das weiche Herz neuerlich in die Quere? War ich am Schluss selbst schuld, weil ich meinen Wunsch zu wenig stark äusserte? Ich hatte schon fast aufgegeben, bis mein Arbeitskraftnehmer eine grössere Reorganisation ankündigte und ich, auch dank eines neuen Vorgesetzten, mein Ziel schon fast zur Bedingung machen konnte. Und tatsächlich: Ich unterschrieb eine Änderungskündigung, die mir – Schwarz auf Weiss – den langersehnten Papitag garantierte.
Von Papas neuer Verantwortung …
Drei Monate hatte ich also Zeit, mich selbst und die Jungs darauf vorzubereiten. Wie in einer Sanduhr Sandkorn um Sandkorn nach unten tröpfelt, vergingen die Tage. Langsam, einer um den andern. Als es dann endlich so weit war, beschloss ich zur Feier des Tages: «Chömet, Buebe, wir gehen auswärts frühstücken!»
Rückblickend gesehen war das keine gute Idee. Der Weg zur Beiz führte an der Spielwarenabteilung vorbei, in der sich wieder mal ein quietschender Dino zur Schau stellte, der sofort zum Objekt der Begierde wurde. Anders als vor dem Papitag blieb ich aber diesmal bei meinem Standpunkt und sagte – wie das ein total verantwortungsvoller Vater eben macht – «Nüt isch!».
Sohn 1 reagierte wenig erfreut. Ich hatte Verständnis dafür und versuchte zu erklären. Doch die Sätze «Du hast nicht Geburtstag!», «Es ist noch nicht Weihnachten!», «Komm, ich mache ein Föteli davon, dass ich das Vieh nicht vergesse» oder «Das kostet megaviele Batzeli, so viel haben wir gar nicht» aus der Erziehungstrickkiste nützten (erwartungsgemäss) nichts. Also hatte ich auf der ganzen Heimfahrt im Bus einen tobenden Buben auf dem Schoss.
… bis zum wohlverdienten Mittagsschläfchen
Der zweite wechselte dann beim Aussteigen in dieselbe Stimmungslage, weil er den Knopf zum Aussteigen nicht drücken konnte. Doch dank der Freude über den neuen Papitag konnte ich beide Herausforderungen relativ locker meistern.
Zugeben muss ich trotzdem, dass ein Tag im Büro nicht anstrengender ist. Im Gegenteil: Erstmals seit vielen Jahren nutzte ich die Gelegenheit, gleichzeitig mit Bastian und Felix ein Mittagsschläfchen zu machen.
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