Unsere Bloggerinnen und Blogger geniessen derzeit die Feiertage. Wir publizieren deshalb diesen Beitrag vom 21. Juni 2018, der besonders viel zu reden gab.
Neulich sass ich neben meinem Sohn auf dem Sofa und schaute ihm beim Gamen zu. «Ah Mann», meinte er frustriert, «im alten Level war ich megagut. Und jetzt, im neuen Level, ist irgendwie alles anders.» Ich liess seine Spielanalyse auf mich wirken und dann durchfuhr mich ein Geistesblitz, dass mir fast die Kaffeetasse aus der Hand fiel: Mutterschaft ist wie ein Game!
Als Kind der 80er-Jahre denke ich bei Game in erster Linie an «Donkey Kong» und «Super Mario». Der italienische Klempner hüpft und rennt durch fremde Welten voller Überraschungen und Herausforderungen. Und die Zeit drängt! Ist Mario nicht irgendwie die Mutter aller Mütter? Nicht umsonst ruft er regelmässig «Mamma mia!».
So sah das damals aus:«Super Mario» auf dem Gameboy. Quelle: Youtube
Level 1: Baby beruhigen
Sofort nach der Geburt beginnt das erste Level: Man lernt sein Kind kennen. Am Anfang hat man oft keine Ahnung, warum das Kleine schreit. Durch Ausprobieren wird man jeden Tag besser. Aber ab und zu fällt man doch in ein Loch. Und auch die Hindernisse und Feinde sind eigentlich nichts für Anfängerinnen: undichte Windeln, schmerzende Brustwarzen, abendliche Koliken. Der Boss, den es am Ende dieses Levels zu besiegen gilt, heisst Schlafmangel.
Speziell am Muttergame: Es beginnt nicht mit dem einfachsten Level. Und es lässt sich auch nie abschalten. Und sobald man langsam das Gefühl hat, dass man die Sache im Griff hat, zägg, kommt das nächste Level. Eine neue Welt, andere Herausforderungen.
Du kannst der totale Stillprofi sein und sogar im Halbschlaf Zwillinge synchronwickeln können. Wenn das nächste Level kommt, fängst du wieder von vorne an. Zum Beispiel dann, wenn dein Kind das Laufen, Hauen oder seinen eigenen Willen entdeckt.
Level 10: Gemotze ignorieren
Mittlerweile bin ich beim Level «Schulkinder» angelangt. Es fordert mich ganz schön heraus. Und oft habe ich das Gefühl, dass da einfach zu viele Fässer auf mich zurollen: Hausaufgaben, die ewige Diskussion um die Bildschirmzeit, Augenrollen und Kinderzimmertürzuschlagen. All das ist mir in früheren Levels nicht begegnet.
Am Esstisch scheitere ich im Moment fast täglich: Früher stolz präsentierte Tischmanieren sind quasi verschwunden. Aus meinen Alles(fr)essern sind heikle Gastrokritiker geworden, die einander vielsagende Blicke zuwerfen und lustlos im Essen rumstochern. Anstatt ruhig zu bleiben und das Getue zu ignorieren, nerve ich mich furchtbar darüber und hüpfe gedanklich ein paar Schildkröten kaputt. Verloren!
Luigi, bitte übernehmen!
Das Gute am Muttergame: Jeder Tag ist eine neue Chance, es anders zu machen. Eine bessere Strategie auszuprobieren. Ein paar Münzen zu sammeln, die aufs mütterliche Karmakonto einzahlen. Heute serviere ich zum Zmittag kommentarlos noch einmal die Gemüse-Tajine, die gestern verschmäht wurde. Aber mit Ketchup. Vielleicht bringt uns das ein Level weiter?
Und wenn nicht: Am Abend kommt Luigi und löst mich ab. Ich gehe ins Yoga und sammle neue Energie, damit ich mich morgen wieder als Super Mama in blauer Latzhose den Herausforderungen des Elternalltags stellen kann.
Der Beitrag Best of: Mutterschaft als Spiel erschien zuerst auf Mamablog.